Geschädigte in Verkehrsunfallsachen bleiben oft auf Teil der Kosten sitzen

Regelmäßig haben Geschädigte in Verkehrsunfallsachen nicht nur einen erheblichen Aufwand, bis eine vollständige Unfallregulierung erfolgt. Oftmals hat der Geschädigte – gerade im Hinblick auf das Regulierungsverhalten von Haftpflichtversicherern – das Nachsehen, wenn es um die volle Erstattung ihres Schadens, insbesondere der Kosten zur Schadenermittlung, hier namentlich der Gutachterkosten, geht.

Bei der oftmals zu entscheidenden Frage, welche Sachverständigengebühren der Geschädigte vom Schädiger ersetzt verlangen kann versuchen Haftpflichtversicherer mit dem Einwand überhöhter Sachverständigergebühren diese Position zu kürzen, was sodann zwangsläufig zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Geschädigten und dem von ihm beauftragten Sachverständigen herausläuft.

Mit den von Rechtsanwalt Tomanke aktuell vor dem Amtsgericht München erstrittenen Entscheidungen, Az. 341 C 12390/14 vom 04.09.2014 und 341 C 12391/14 vom 03.09.2014 wurde in Anlehnung an die maßgeblichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2014, Az. VI ZR 225/13 sowie vom 22.07.2014, Az. VI ZR 357/13 vom Amtsgericht München klargestellt, dass Beurteilungsmaßstab für die Frage, welche Sachverständigengebühren der Geschädigte vom Schädiger ersetzt verlangen kann abweichend von der Frage der üblichen Vergütung gemäß § 632 Abs. 2 BGB zu entscheiden ist. Entscheidend ist gemäß § 249 BGB nämlich, welche Aufwendungen „ein Verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und geboten halten darf“ (BGHZ 115, 364/369).

„Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne Weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Es muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben (BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13).“

Selbst wenn die Rechnung insgesamt oder einzelne Positionen tatsächlich überteuert sein sollten, trägt das Risiko hierfür grundsätzlich nicht der Geschädigte. Auf eine Auseinandersetzung mit dem Gutachter muss er sich insoweit nicht einlassen (vgl. z.B. AG Bochum, Urteil vom 06.12.1995, 70 C 514/95, AG München Urteil vom 03.09.2014, 341 C 12391/14).

Es ist also weder Aufgabe des Geschädigten, Preisvergleiche anzustellen oder den billigsten Sachverständigen auszuwählen, noch ist es Aufgabe des Geschädigten, einzelne Positionen der Rechnung nach Überhöhung/Plausibilität zu durchforsten, vgl. AG München a.a.O.

In der zu entscheidenden Frage orientierte sich das Gericht auch für die Frage der Angemessenheit der Sachverständigenkosten an der BVSK-Honorarbefragung für die Jahre 2012/2013 (vgl. AG München a.a.O.).

Zu beachten ist ebenfalls, dass nicht nur beim Grundhonorar des Sachverständigen sondern auch bei den Nebenkosten eine Pauschalierung zulässig ist, vgl. a.a.O.

Mit diesen Entscheidungen werden Haftpflichtversicherer im Rahmen der Münchner Gerichtsbarkeit ihre bisher vertretene Auffassung zur Kürzung der Sachverständigengebühren guten Gewissens nicht mehr aufrechterhalten können.
Der Schädiger, welcher sich auf eine Unangemessenheit/Überhöhung der Sachverständigengebühren erfolgreich berufen will, muss darlegen und beweisen, dass der Geschädigte gegen seine Schadenminderung verstoßen hat, hierzu hat das OLG München ebenfalls einen engen Darlegungskatalog festgelegt. Dieser Darlegungs- und Beweislast ist der Schädiger vorliegend nicht nachgekommen.
Eine Kürzung der Sachverständigengebühren kommt sodann faktisch nur noch dann in Betracht, wenn die Abrechnung des Sachverständigen in sich so evident fehlerhaft ist, dass dies auch der Laie erkennen kann. Dies ist vorliegend ebenfalls nicht gegeben.
Klarzustellen ist auch, dass eine Differenzierung danach, ob die Rechnung bereits bezahlt wurde oder nicht, bzw. erst nach Beauftragung des Anwalts des Geschädigten bezahlt wurde, nicht veranlasst ist, falls der Geschädigte den Sachverständigen beauftragt hat. Aus prozessualer Sicht gilt, dass bei unbezahlter Rechnung dann, wenn sich der Schädiger oder seine Haftpflichtversicherung ernsthaft weigert, Schadenersatz zu leisten (BGH NJW 2004, 1868; NJW-RR 2011, 910 jeweils m.w.N.), was auch in einem entsprechenden prozessualen Verhalten (z.B. einem Klageabweisungsantrag) liegen kann, BGH NJW-RR 2011, 910, der Geschädigte sich nicht auf einen Freistellungsanspruch nach § 257 BGB verweisen lassen muss, vgl. OLG München Beschluss vom 12.03.2015, Az. 10 U 759/15.

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