Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
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Nr. 134/2022 vom 13.09.2022
Hauptverhandlung am 10. November 2022, 10.30 Uhr, Karl-Heine-Straße 12, Leipzig, in der Strafsache
5 StR 283/22 (zur Frage der Strafbarkeit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen)
Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt am 10. November 2022 über die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg, in dem es u.a. um die Strafbarkeit der Fälschung von Corona-Impfbescheinigungen geht.
Mit Urteil vom 1. März 2022 hat das Landgericht Hamburg den Angeklagten A. wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Vom Vorwurf der Urkundenfälschung in neun Fällen hat es ihn freigesprochen.
Nach den Urteilsfeststellungen veräußerten der Angeklagte A. und der nichtrevidierende Mitangeklagte mit Gewinnerzielungsabsicht sechs Kilogramm Marihuana.
Darüber hinaus erstellte der Angeklagte A. in neun Fällen unrichtige Impfbescheinigungen, um sich hieraus eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu verschaffen. Gegen Bezahlung trug er angeblich erfolgte Erst- und Zweitimpfungen gegen das Sars-CoV-2-Virus nebst Impfstoffbezeichnung und Chargennummer in von ihm neu erstellte oder bestehende Impfpässe ein. Die Eintragungen versah er mit dem vorgeblichen Stempel eines Impfzentrums sowie der nachgeahmten oder erfundenen Unterschrift des angeblichen Impfarztes. Angesichts der damals gültigen Zugangsbeschränkungen für Ungeimpfte aufgrund der CoViD-19-Pandemie war dem Angeklagten A. bewusst, dass seine Abnehmer die Bescheinigungen gegenüber Dritten, etwa Apotheken zur Erstellung eines digitalen Impfzertifikats oder in der Gastronomie zum Nachweis über angebliche Schutzimpfungen ihrer Person, vorlegen würden.
Im Hinblick auf den Vorwurf der Erstellung unrichtiger Impfbescheinigungen hat das Landgericht – in Übereinstimmung mit einem Teil der bisher ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung – die Auffassung vertreten, dass der Angeklagte A. keine Strafnorm verletzt habe. Eine Strafbarkeit wegen Fälschung von Gesundheitszeugnissen gem. § 277 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung scheitere daran, dass die Vorschrift eine Verwendung der Falsifikate bei einer Behörde oder einer Versicherung voraussetze, was vorliegend bei Vorlage in der Gastronomie oder in Apotheken nicht gegeben sei.
Eine Verurteilung wegen Urkundenfälschung gem. § 267 StGB sei nicht möglich, weil der Gesetzgeber mit § 277 a.F. StGB eine abschließende Sonderregelung geschaffen habe. Die in § 277 a.F. StGB zum Ausdruck kommende Wertentscheidung, bei Gesundheitszeugnissen nur ganz bestimmte Tatmodalitäten zu bestrafen, dürfe nicht durch einen Rückgriff auf das allgemeine Urkundenstrafrecht unterlaufen werden.
Während sich der Angeklagte A. mit der Sachrüge gegen seine Verurteilung wendet, beanstandet die Staatsanwaltschaft mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen und ebenfalls auf die Sachrüge gestützten Revision den Freispruch. Mit einem anderen Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Staatsanwaltschaft der Auffassung, dass § 277 a.F. StGB keine Sperrwirkung gegenüber § 267 StGB zukommt.
Vorinstanz:
Landgericht Hamburg – Urteil vom 1. März 2022 – 634 KLs 8/21
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
- 267 StGB Urkundenfälschung
(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
[…]
(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
[…]
- 277 StGB Fälschung von Gesundheitszeugnissen (in der bis 23.11.2021 gültigen Fassung)
Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbierte Medizinalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugnis über seinen oder eines anderen Gesundheitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugnis verfälscht und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
Karlsruhe, den 13. September 2022
Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
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